bibliografischer Hinweis - svz92

Abschied von der Peseta, in: Münzen & Papiergeld,

Heft 9/2001, S. 53f.

Prof.em.Dr.Rainer Wohlfeil, Hamburg


Abschied von der Peseta

(M&P 9/2001, Nachrichten, S.53f.)


Auch Spanien verausgabt Münzen, mit denen

sich das Königreich von seiner bisherigen Pese-

ta-Währung verabschiedet. Innerhalb der Kurs-

münzenserie für 2001 mit Werten von 1 Peseta

aus Aluminium bis zur Silberprägung in der

Wertstufe 2000 Pesetas erwecken zwei Münzen

das besondere Interesse des Numismatikers wie

des Historikers - die Werte zu 100 und zu 2000

Pesetas. Ihr Bildmotiv ist der römischen Ge-

schichte Spaniens entlehnt, reicht aber über die

Zeit des Kaisers Hadrian (117-138) zurück bis

zur Begegnung der Phönizier mit der Iberischen

Halbinsel und findet sich auch in den ersten Prä-

gungen der Peseta-Währung.


Kaiser Hadrian, geboren 76 v.Chr. in Itálica-

Baia bei Sevilla, ließ einen silbernen Denar prä-

gen, auf dessen Bildseite sich die Legende

HISPANIA findet. Das Münzbild zeigt eine aus-

gestreckt nach links ruhende Frau. Sie hält in

der rechten Hand einen Olivenzweig, mit dem

linken Unterarm stützt sie sich auf einen Felsen.

Zu ihren Füßen hoppelt ein Kaninchen.

Hadriandenar mit liegender Hispania


Kaiser Hadrian, Denar mit lagernder Hispania


Kaninchen bevölkerten im ersten Jahrtausend

vor Christus in so großen Mengen die Halbin-

sel, daß sie für die Phönizier ihr Bild von der ibe-

rischen Halbinsel prägten und sie daher von

"Land der Kaninchen" sprachen. Diese Be-

zeichnung und das Tier waren dem jungen Ha-

drian vertraut, zumal der römische Landesbe-

griff "Hispania" anstelle von "Iberia" aus der

Sprache der Punier abgeleitet worden war. Das

Kaninchen war demnach ein Symbol für Spa-

nien, zusätzlich vielleicht auch als Verkörperung

der damaligen Fruchtbarkeit des Landes. Der

Denar Hadrians wurde mehrfach beschrieben,

die liegende Frau als eine Allegorie Spaniens,

der Felsen als Peñon de Calpe (Gibraltar) ange-

sprochen.


Die Prägung des Kaisers Hadrian findet in zwei

weiteren Denaren eine Entsprechung. Eine ru-

hende Aegypta hält einen Korb und zu ihren

Füßen findet sich ein Ibis, eine liegende Africa,

gehüllt in eine Elefantenhautmontur, hält einen

Skorpion und zeigt zu ihren Füßen einen Früch-

tekorb. In solchen Münzbildern erhebt der Kai-

ser, dessen politisches Ziel Eintracht im und

Frieden für das römische Weltreich war, den

Anspruch, für diese Reichsteile Wohlstand und

Frieden gewährleistet zu haben.


Das römische Münzbild diente Ende des siebten

Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts dem Medail-

leur L. Marchionni als Vorbild für seinen Ent-

wurf der Silbermünzen in der neuen Peseta-

Währung. Ausgegeben 1869 und 1870 nach der

Absetzung der Königin Isabella II., hält eine

nach links ruhende Frau mit einer Mauerkrone,

zu interpretieren als Personifikation eines neuen

Spaniens, in der rechten Hand einen Oliven-

zweig. Ihr linker Arm stützt sich auf einen Ge-

birgszug, zu deuten als die Pyrenäen. Der Ent-

wurf soll zu Füßen der Hispania ebenfalls ein

Kaninchen enthalten haben, an seine Stelle je-

doch auf der Grundlage einer politischen Ent-

scheidung der Provisorischen Regierung der Fel-

sen von Gibraltar eingebracht worden sein.



Spanien, 2 Pesetas 1870 mit lagernder Hispania und dem Felsen von Gibraltar



Spanien, 2 Pesetas 1870 mit lagernder

Hispania und dem Felsen von Gibraltar


In dem Bild ist damit allegorisch dargestellt

worden, daß Spanien Gibraltar als Teil seines

Staatsgebiets betrachtet, seinen Anspruch je-

doch friedlich vertritt. Die erste Ausgabe der

Münze zu 1 Peseta trägt die Legende GOBIER-

NO PROVISIONAL, ersetzt in den nachfolgen-

den Ausgaben und bei den weiteren Wertstu-

fen durch die Inschrift ESPAÑA. Den Anspruch

auf Gibraltar bekundet in einer anderen Dar-

stellung auch die beabsichtigte Goldmünze zu

100 Pesetas von 1870. Die Allegorie wurde mit

des Königtums durch das Kopfbild des jeweili-

gen Königs ersetzt.


Spanien, 100 Pesetas 2001 auf das Ende

der Pesetas-Währung


Spanien, 100 Pesetas 2001 auf das Ende der Peseta-Währung + Spanien, 2000 Pesetas 2001 auf das Ende der Peseta-Währung

Spanien, 2000 Pesetas 2001 auf das Ende

der Pesetas-Währung


Die Kursmünzenserie von 2001 greift auf den

angeführten zwei Werten das Münzbild von

1869/70 auf. Die Wertstufe zu 100 Pesetas ver-

weist über die Legende "1869 - 2001" auf die

Laufzeit der Peseta-Währung. Bei der Silber-

münze fehlt diese Angabe. Ihre Legende lautet

ULTIMA EMISIÓN DE LA PESETA. ESPAÑA.

Während die Gegenseite der Münze zu 100 Pe-

setas ein Kopfbild des Königs mit der Umschrift

JUAN CARLOS I REY DE ESPAÑA zeigt, befin-

den sich auf der Münze zu 2000 Pesetas die

Kopfbilder des Königspaars mit der Umschrift

JUAN CARLOS I Y SOFIA. 2001. Der Rückgriff

auf das Münzbild von 1869 ist zu interpretieren

als erneute Bekundung Spaniens auf den An-

spruch einer Rückgliederung von Gibraltar in

das spanische Staatsgebiet - in friedensbeton-

ter Geste zwar, aber mit aller politischer Klar-

heit.


Als historische Quelle besagen die Münzen von

2001: Hatte das Franco-Regime bei seinen Prä-

gungen von 1940 auf den Münzen zu 5 und 10

Centimes das Motiv des kämpferischen iberi-

schen Lanzenreiters aufgegriffen und sich zu-

gleich über das Staatswappen als Nachfolger

der Katholischen Könige Ferdinand und Isabel-

la legitimieren wollen1, bekennt sich das ge-

genwärtige Spanien über die Rezeption der

Münzbilder eines römischen Kaisers, der aus

Spanien stammte, und einer Provisorischen Re-

gierung, die Ergebnis eines politischen Umstur-

zes war. Die Zielsetzung beider politischer Ge-

walten war eine Politik des Friedens.


Rainer Wohlfeil


1 Rainer Wohlfeil, Die Katholischen Könige und die Franco-Diktatur,

in: Zeitenspiegelung. Zur Bedeutung von Tradition in Kunst und

Kunstwissenschaft, hg. von Peter K. Klein, und Regine Prange,

Berlin 1998, S. 61 - 70.